Eilmeldung: „ Ich habe das Gefühl ein Geist zu sein. Ich bleibe, wo ich bin. Eingesperrt und ganz alleine.“ – Eine Risikogruppe meldet sich zu Wort!

„Uns ging es mal so gut. Jetzt lebe ich in einer Geisterstadt. Und das ist alles andere als witzig. Wenn ich mich amüsieren will, dann kann ich eine Party für mich schmeißen. Das Leben war so schön. Dann wurden wir alle eingesperrt. Ich habe das Gefühl ein Geist zu sein. Ich bleibe, wo ich bin. Eingesperrt und ganz alleine. Es gibt so viel Zeit zu verschwenden, indem ich einfach nur auf mein Handy starre.“

Liebe Leute, diese Zeilen fand ich in einer Onlinezeitung. Zwei 76-Jährige machen sich Luft! „Das Leben war voll von Rhythmus“, sagen sie – wow, das klingt ganz schön verzweifelt… Mir wird schlagartig klar, dass es völlig unabhängig ist, ob man zu einer Risikogruppe gehört oder nicht, ob man 76 oder 26 ist – wenn die gewohnte Normalität weg bricht, sind wir alle aus dem Takt. Dann ist das alles andere als witzig.

Kein Wunder, dass bei den kleinsten Lockerungen alles wieder nach draußen strömt. Sogenannte, selbst ernannte „Querdenker“ sehen ihre Freiheitsrechte gefährdet und sehen die im uneingeschränktem Zugang zu Fußgängerzonen, Parks, Wiesen, Shoppingmalls, FliegInDenUrlaub! und KreuzFahrtenAufSchiffen wieder hergestellt. Und die Politik spürt die Stimme des Volkes (lateinisch: „populus“) und nutzt sie, um den Forderungen der Lautesten (englisch: „Lobbyisten“; Bezeichnung für eine Form der Interessenvertretung, vor allem durch die Pflege persönlicher Verbindungen, um offizielle Stellen zu beeinflussen“) ebenfalls neue Möglichkeiten der Entfaltung zu schaffen.

Alles nicht einfach, überhaupt nicht! Da braucht es Besonnenheit, Klugheit, Übersicht, Nachdenklichkeit, Mut und Risikobereitschaft. Da müssen Pläne, Konzepte vorausschauend gemacht werden. Da gehören alle Interessengruppen an einen Tisch. Alle denken mit, damit alle bedacht werden können. Zu schwer? In der Tat, manchmal kaum zu stemmen. Versuch macht kluch, Fehler gehören dazu und werden nicht krumm genommen, wenn sie eingestanden und ausgebessert werden.

Wie im richtigen Leben! Wie im normalen Leben. Das alles gehört doch zum Alltag und bestimmt das Große und Kleine. Und in besonderen Zeiten ist es eben besonders wichtig, wenn das vorher eingeübt, trainiert und dann auch umgesetzt werden kann.

Wäre doch schön, wenn Schulen und pädagogische Betreuung auch vor Corona wichtig gewesen wären, jetzt mal als Beispiel. Toiletten, Waschbecken, Digitalisierung, ausreichende und qualifizierte Lehrkräfte wären ja jetzt da, und es könnte wieder weiter gehen – auch wenn´s dann immer noch anstrengend genug wäre. Kinder, Eltern, Schulpersonal könnten sich sicher sein, dass alles gut gedacht und gut gemacht ist. Könnten!

Coronazeit – die Chance, Fehler einzugestehen und auszubessern, dass es wieder besser wird! Wenn nicht jetzt, wann dann? Erinnert mich an die Bibel: „Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, verstockt eure Herzen nicht“, heißt es an einer Stelle. Also, nicht immer weiter so und genau dieselben Fehler machen, wie immer. „Transformation“ nennen die das heute ja gerne! Kommt auch aus dem Lateinischen: Umformung hätte man auch sagen können. Umformung unserer Absichten, Ziele, Ideale, Lebensstile. Nicht, weil`s einfach mal so Spaß macht, sondern, weil`s manchmal einfach notwendig ist, wenn Not gewendet oder gar vorgebeugt werden soll.

Nicht „Alles gut!“, sondern alles soll wieder gut werden. „Ich lebe, und du sollst auch leben!“ sagt Jesus. Und er steht dafür ein, dass das Leben immer wieder neu beginnen kann. Gilt für unser Schulwesen. Gilt für unser Gesundheitssystem – wo man ja über die verheerenden Folgen von Fallpauschalen nachdenken kann. Gilt für verkorkste Beziehungen. Gilt für Eltern, Kinder. Gilt für die kleinen und großen Angelegenheiten, aus denen unser Leben besteht. Heute! Dieser Jesus nennt sich „Erlöser“; der loslösen kann von allen schrecklichen Abhängigkeiten. Der ist „barmherzig“, also bei unseren an Zuversicht,

Hoffnung, Kraft und Stärke armen Herzen. „Gnädig“, aufpassen: ganz nahe an unserer Seite in den Sternstunden und Katastrophen unseres Lebens. Hören! An dessen Händen kann man das Leben leben und niemals tiefer fallen als in seine. Nicht verstocken! Sondern verbinden, dann ist man verbunden – ein Bund für Leben und weit darüber hinaus.

„Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Umkehr leitet?!“ – steht auch in der Bibel. Seine Freundlichkeit ist überrumpelnd – Drohungen können nichts Gutes schaffen. Darum sagt Jesus auch: „Komm her zu mir, wenn du mühselig und beladen bist; ich will dich erquicken!“

Mit diesem Jesus, seinem Vater, seinem guten Geist, haben wir DIE Lobbyisten, die uns mit ihrem persönlichen Interesse suchen. Und das zu unserem Nutzen!!

„Es gibt so viel Zeit zu verschwenden, indem ich einfach nur auf mein Handy starre“, schreiben ja die beiden 76-Jährigen. Wäre ja echt dämlich, wenn man heute die Zeit nicht nutzt und echte Transformation schaffen könnte. Könnte? Ja, kann man!

Übrigens: die beiden RisikogruppenAlten sind zwar isoliert, wie z.Zt. fast die meisten. Aber die schreiben: „Diese Isolation treibt uns aber nicht in die Verzweiflung. Vielmehr sagen wir trotzig: „If I want a party, it`s a party of one.“ Coole,  alte, echte Querdenker, oder?! Wer das komplette Statement von den beiden lesen oder sogar hören will, sollte mal auf YouTube „Living In A Ghost Town“ eingeben. Dann findet er den neuesten Hit nach acht Jahren der??? – Rolling Stones! Haben die letztes Jahr schon geschrieben und jetzt! passend veröffentlicht! Die RisikoRollingStones haben´s noch drauf, oder?!

Bleibt cool, Leute!

Pfarrer Lothar Sander