Urlaub kann auch ganz schön gefährlich sein!

Früher war… – na?!!! – klar: alles besser! Früher konnte man noch reisen! Die Leute, die es sich leisten konnten, freuten sich, ab in den Urlaub zu fahren. Na, jetzt leben wir nur von Erinnerungen. Also: Fotos rausgesucht und in Erinnerungen schwelgen! Habe ich auch gemacht. Bilder von damals, von 2016 – klingt ja schon fast wie damals! Urlaub an der Küste in Ostfriesland zur herrlichen Frühlingszeit! Vom Urlaubsort aus, ein kleiner Ausflug nach Dornum. Ortsbesichtigung und Kirche anschauen – ging in dem kleinen Dorf schnell, ruckzuck waren wir wieder raus – Ostfriesland, eben…

Es war genau die Zeit, als alle Piepmätze, auch die Hähne (ab 3Uhr morgens – mindestens!!!!) und überhaupt einfach alles, was Flügel hat, herumzwitscherte und einen Mordslärm veranstaltete. Überall hockten riesige Krähen auf riesigen Nestern. In Dornum gibt es eine der riesigen Krähenkolonien in Norddeutschland! UND: die überziehen das ganze kleine Dorf mit ihren weißen Exkrementen! „Man, das ist vielleicht eine Schei…!“ sagt jeder, der im Frühling nach Dornum kommt – und spricht das letzte Wort überhaupt nicht leise aus! Dort kann man dann nur rumlaufen, indem man kopfabwärts geneigt die ganze Zeit die Gehsteige kontrolliert. Das ist wichtig, um sofort am Boden zu sehen, was einem von oben aus den Bäumen droht! Ich gestehe, zu Übertreibungen zu neigen, aber das ist echt der Hammer! Liebe Leute, das waren bleibende Eindrücke! Der Ausdruck, in eine Scheißgegend geraten zu sein (hey, dass muss jetzt aber mal in aller Deutlichkeit und auf Deutsch gesagt werden!), bekommt in Dornum im Frühling einen ganz realen Hintergrund.

Und jetzt festhalten: am Rande des Dorfes, rund um die Kirche stehen dicht an dicht riesige Bäume – und kein einziger Kackfleck auf dem Boden! Warum? Weil kein einziges Nest in der Höhe ist. Kein einziges. Auch kein ständiges ohrenbetäubendes Gekrähe zu hören, keine Stöckchen, die einem ständig auf den Kopf fallen. Keine Nester und darum eben keine Glitschpartien mit anschließendem Gefluche…

Und da hatte ich mich gefragt: Ballert der Pfarrer dort verbotenerweise die Biester nächtens von den Bäumen? Liegt Gift aus? Werden die Nester in halsbrecherischen Aktionen rausgerissen? Sind die Krakeler vielleicht Atheisten und wollen mit Kirche nichts zu tun haben? – Viel einfacher, liebe Leute: es steht ein fetter Glockenturm separat an der Kirche, wie fast überall in Ostfriesland. Und wenn das Ding loslegt, gibt es kein Halten mehr, dann brettern alle Krähen und Rabenvögel panisch von dannen!

ICH RATE EUCH, kommt Ihr mal im Frühling nach Dornum, meidet das Dorf und sucht den Schutz der Kirche – da seid Ihr sicher!

Na, und da denke ich mir: so müsste es doch überall und immer sein! Das ganze ohrenbetäubende Schreckensgebrüll, der ganze, das Leben und seinen Schöpfer besudelnde Dreck, der unsere Schritte wankend macht, ausgleiten lässt und aus dem Tritt bringt; unsere Ohren, Herzen und Sinne mit Wut und Ärger betäubt, uns verängstigt und verstört – da müsste es Glocken geben, die Gewalttätige, Durcheinanderbringer, und die Viren, Sorgen und Nöte vertreiben, dass Schritte wieder fest werden und zu guten Zielen führen können!

Für uns alle hoffe ich auf laute oder leise Töne, die uns nicht vertreiben. Die uns locken und sich IN allem Kummer durchsetzen und mitten IN allem einen Frieden und eine Geborgenheit verbreiten, auch wenn alles andere wegzubrechen droht. Vom lieben Gott heißt es: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“ Bei dem das Herz ausschütten, ihn so mitten hinein in das Leben holen und bei allem Dreck des Lebens dann einen festen Schritt behalten oder wieder neu bekommen!

Pfarrer Lothar Sander