Ab dem kommenden Montag ist Maskenpflicht. Ich habe mich bereits im Internet schlau gemacht, einige Masken genäht und damit meine Familie und Freunde versorgt. Hergestellt aus bunten Stoffresten sehen sie interessant und lustig aus. Am letzten Samstag trage ich meine Maske beim Einkauf. Von der Seite werde ich angesprochen und freundlich begrüßt mit den Worten: „Ich habe dich an deiner Stimme erkannt. Wie geht’s dir?“Vor mir steht eine Frau mit Maske und Sonnenbrille. Ich hab überhaupt keine Idee, wer das wohl sein könnte!? „Ich bin’s, Anke“, sagt sie. Bei mir fällt kein Groschen, vielmehr wird mir ganz komisch zumute: Wieso kenne ich sie nicht, sie aber mich? Ist das eine Verwechselung? Ich bin völlig durcheinander und orientierungslos. Was ist mit meiner Wahrnehmung los?
Wer bist Du?
„Entschuldigung! Wer bist Du? Ich kann dich gerade nicht zuordnen“, äußere ich schließlich meine Verunsicherung. Sie zieht die Maske herunter und nimmt die Sonnenbrille ab. Plötzlich wird mir klar, wer sie ist. Sofort bin ich sehr erleichtert und erinnere mich an sie und eine alte Vertrautheit entsteht.
Nach dem Einkauf stehen wir noch lange in der Sonne vor dem Laden. Ohne Maske, aber im nötigen Abstand erzählen wir uns, was in den letzten Jahren so alles passiert ist, denn wir haben uns eine Weile nicht gesehen.
Ein Blick sagt oft mehr als 1.000 Worte
Ich stelle fest, wie schön, nah und freundlich es ist, sich ohne Maske zu sprechen und zu begegnen; wie wichtig es ist, sich im persönlichen Kontakt anschauen zu können. Im Gesicht des anderen sehen wir auch uns selber. Mit unserer Mimik drücken wir etwas aus, was unser gesagtes Wort unterstreicht und uns im Kontakt Sicherheit gibt. Ein freundlicher Blick, ein Lächeln sagt oft mehr als 1.000 Worte. Das wird mir durch die Corona-Beschränkungen klar.
Als wir uns verabschieden, fällt die Umarmung weg – wegen Corona. Dafür glich unsere Unterhaltung einer gefühlten Nähe.
Brigitte Schweizer Pieper
Psychologische Beratung, Beratungs-und BildungsCentrum der Diakonie Münster